Bezaubernde Bearbeitungen

Burghauser Anzeiger 1999 von Arne Könneker

Burghausen. Die Raitenhaslacher Klosterkirche drohte am Freitag aus allen Nähten zu platzen. 600 Besucher drängten sich bei einem Konzert auf den Bänken und im Vorraum. Dutzende genossen die Musik „open-air“ auf dem Vorplatz. Was die meisten zu sehen, und alle zuhören bekamen, war eine Premiere.

„Das war das erste Konzert für Blasmusik und Chor in Burghausen“, erklärte Bernhard Waas. Der 28jährige hatte für diesen Auftritt eigens die Sänger der Kirchenchöre Raitenhaslach, St. Anna und „Zu unserer Lieben Frau“ zusammengeführt: „Das war schwierig genug. Man muß bedenken, dass alle Laien sind.“ Die Mühe lohnte sich. Der Chor bildete eine untrennbare Einheit.

Die Instrumentalisten stellte die Werkkapelle der Wacker-Chemie. Für ihren Leiter Franz Stangl war es das letzte große Kirchenkonzert vor heimischen Publikum. Gestern gastierte man noch in Bad Reichenhall. Zum Auftakt spielte das Blasorchester zu Ehren des vor 50 Jahren verstorbenen Richard Strauss den „Feierlichen Einzug der Ritter des Johanniter Ordens“. „Dieser Investiturmarsch passt hervorragend in Kirchenräume“, erklärte Stangl. Tatsächlich verwandelte seine Kapelle das Kloster in einen einzigen Klangkörper.

Nicht weniger eindrucksvoll wirkten Ausschnitte aus dem „Dettinger Te Deum“ von Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bachs „Bist Du bei mir“ und ein 800 Jahre alter Choral aus Böhmen. Selbst die Bearbeitung von Cesar Francks „Panis Angelicus“ ließ die häufig pompösen Orgelkaskaden des französischen Komponisten nicht vermissen.

Zu den gemeinsamen Stücken von Orchester und Chor zählte das schlichte, aber schöne „Vater unser“ des weitgehend unbekannten Komponisten Josef Willems. „Wir haben lange an der Besetzung gebastelt, damit das Orchester nicht den Chor zudeckt. Der Gesang ist bei solchen Stücken immerhin das Wesentliche“, erklärt Stangl. Bei Beethovens „Die Ehre Gottes in der der Natur“ waren alle Teile gleichberechtigt, niemand drängte sich vor.

Neben Edvard Griegs a capella-Stück „Ave, maris stella“ beeindruckte der Chor auch mit Mendelssohns „Denn er hat seinen Engeln befohlen“. Gewöhnlich singen die Sopranstimmen einstimmig. Mendelssohn teilte neben Baß, Tenor und Alt auch diese Gruppe auf, so daß die im Oratorium „Elias“ verwendete Motette achtstimmig erklang. „Das ist einfach Musik, die unter die Haut geht“, findet Waas.

Meditative Züge hatte das originäre Blasmusik-Werk „Praeludium und Fuge in B“ des niederösterreichers Herbert König. Was sich so leicht anhörte, hatte es in sich: „Das Stück war an unserer oberen Leistungsgrenze. Für normale Blasorchester ist das schon nichts mehr.“ Normal war aber auch das Konzert nicht, das mit einem vom Raitenhaslacher Dr. Paul Raith entdeckten Marsch als Zugabe endete.